Dieter Kläy
Dieter Kläy

Abwertend und realitätsfremd

25.06.2024

Manchmal versteckt sich die journalistische Gesinnung in scheinbar vernachlässigbaren Details. Der Landbote fasste die kürzlich erschienene Studie «Eidgenössische Wahlen 2023 - Wahlteilnahme und Wahlentscheid» unter dem Titel «Junge driften politisch auseinander» wie folgt zusammen: «SP und Grüne punkten bei gebildeten Jungwählerinnen, die SVP bei Wählern mit Lehrabschluss». Diese Wortwahl ist entlarvend und zeugt von wenig Verständnis für die duale Berufsbildung, die immerhin ein unbestrittenes Erfolgsmodell ist. Gebildete Jungwählerinnen und Jungwähler wählen SP und Grüne während sich jene mit Lehrabschluss für die SVP entscheiden und gemäss den Autoren offenbar ungebildet sind.

Diese klischeehafte Haltung gegenüber der dualen Berufsbildung ist nicht nur abwertend, sondern auch realitätsfremd, wählen doch gegen 70% der Jugendlichen den Weg ins Berufsleben über eine Berufslehre. Derzeit absolvieren über 200'000 Jugendliche eine Berufsausbildung. Im Vergleich zu anderen Ländern hat die Schweiz eine rekordtiefe Jugendarbeitslosigkeit. Auch die integrative Wirkung der dualen Berufsbildung ist unbestritten. Gerade die Integration von jugendlichen Migrantinnen und Migranten findet am Arbeitsplatz statt.

Bund und Kantone setzen sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben dafür ein, dass allgemeinbildende und berufsbezogene Bildungswege eine gleichwertige gesellschaftliche Anerkennung finden. So steht es in der Bundesverfassung. Es ist zu wünschen, dass dies vermehrt zur Kenntnis genommen und auch gelebt wird.

Dieter Kläy, stv. Direktor Schweiz. Gewerbeverband, Ressortleiter Berufsbildung, Winterthur