Dieter Kläy
Dieter Kläy

Ausbildung nicht verunmöglichen

07.04.2017

Mit einer Totalrevision der „Verordnung des WBF über gefährliche Arbeiten für Jugendliche“ sollte ein filigranes Regelwerk von neu 15 Paragraphen geschaffen werden. Heute umfassen die materiellen Inhalte der Verordnung gerade mal einen Paragraphen. Die Revision ist ein Paradebeispiel dafür, wie die KMU und die Berufsbildung mit zusätzlichen, detaillierten Regulierungen immer mehr eingeschränkt werden, was ein vernünftiges Vermitteln von Berufskenntnissen an Lernende schrittweise verunmöglicht. Das auf politischer Ebene immer wieder genannte Ziel, die Wirtschaft administrativ zu entlasten, wird ins Gegenteil verkehrt. Nach einer Intervention des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv beim Bundesrat ist das Projekt vorerst aufs Eis gelegt worden.

Protest der Branchenverbände

Gross war der Protest der verschiedenen Branchen, als das Ausmass der Verordnungsrevision erkannt worden ist. Insbesondere das Baugewerbe, die Fleischwirtschaft aber auch andere Branchen sind von der Revision betroffen. Arbeiten, welche die körperliche Leistungsfähigkeit von Jugendlichen beanspruchen, gelten als gefährlich, wenn die manuelle Handhabung Lasten von mehr als 15 kg (für Männer bis 16 Jahre) oder 19 kg (für Männer zwischen 16 und 18 Jahren) umfasst. Als gefährlich gelten auch Arbeiten, bei denen häufig oder serienmässig wiederholte Bewegungen von Lasten mit insgesamt mehr als 3'000 kg pro Tag ausgeführt werden. Zudem gelten Arbeiten in gebeugter, verdrehter oder seitlich geneigter Haltung, kniend, hockend oder liegend als gefährlich, wenn sie täglich mehr als zwei Stunden dauern.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich Jugendliche in ihrer Freizeit mehr denn je verausgaben und z.B. in den Fitnesscentern hohe Lasten stemmen, ihren Körper hohen Belastungen aussetzen oder sich bei der Ausübung von Extremsportarten aller Art verausgaben, gilt es, solche Grenzwerte zu hinterfragen. Die vorgeschlagenen Werte gehen an der Realität der Bauwirtschaft und anderer Branchen vorbei. Sie sind in der Praxis nicht umsetzbar und machen das Ausbilden von Jugendlichen auf der Baustelle und anderswo unmöglich. Besonders weltfremd erscheint zudem die Tatsache, dass Arbeiten «in gebeugter, verdrehter oder seitlich geneigter Haltung» und «kniend, hockend oder liegend» regelmässig länger als zwei Stunden als «gefährlich» gelten sollen. Eine Vielzahl von handwerklichen Berufen auf dem Bau und in der Werkstatt, aber auch im Gesundheitsbereich machen solche Arbeiten erforderlich.

Den Fokus auf die richtige Ausbildung legen

Grundsätzlich ist es richtig Massnahmen zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu treffen. Dabei ist es notwendig Arbeitgebende und Ausbildende in die Pflicht zu nehmen. Allerdings ist Verhältnismässigkeit zu wahren. Im Zentrum der Ausbildung muss das richtige Instruieren des Umgangs mit Lasten und Gefahren stehen. Für einen korrekten und gesundheitsschonenden Umgang mit Lasten und Gefahren am Arbeitsplatz engagieren sich die Organisationen der Arbeit OdA in den Überbetrieblichen Kursen und im Rahmen von Weiterbildungsveranstaltungen auf eine vielfältige Art und Weise. Übertriebene Einschränkungen und Verschärfungen wie in der angestrebten Totalrevision der Verordnung über Gefährliche Arbeiten für Jugendliche machen das Ausbilden von Lernenden im Alltag der Arbeitgeber immer schwieriger. Letztlich wird das bewährte duale Berufsbildungssystem untergraben. Sicherheit und Schutz am Arbeitsplatz sind wichtig. Aber die Verhältnismässigkeit ist zu wahren.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv