Baustellen in der Berufsbildung
16.10.2014
Die Baustellen in der Berufsbildung sind riesig. Lehrplan 21, Förderung der Berufsmaturität, Talentförderung aber auch die Berufsberatung waren in den
vergangenen Monaten Themen der Berufsbildungskommission des kantonalen Gewerbeverbandes Zürich (BBK).
Mit dem Lehrplan 21 werden die Ziele des Unterrichts an der Volksschule in den 21
deutsch- und mehrsprachigen Kantonen harmonisiert. Voraussichtlich diesen Herbst wird er von der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz zur Einführung in den Kantonen freigegeben. Die Kritik hat in jüngster Zeit zugenommen, weist der Lehrplan doch einige Mängel auf. Das wichtigste Ziel der Sekundarstufe I ist, die Jugendlichen auf den Übergang in eine berufliche Grundbildung oder an eine weiterführende Schule vorzubereiten. Die lediglich dafür vorgesehenen 39 Lektionen reichen nicht. Es braucht ein klares Konzept zur Berufswahlvorbereitung über drei Jahre mit definierten Teilzielen und 120 Lektionen mit einer bedürfnisgerechten Staffelung. Dazu muss die berufliche Orientierung als eigenständiger Fachbereich umgesetzt werden Auch das zweite fächerübergreifende Thema ICT und Medien muss aus der Sicht des KGV als eigenständiges Fach vermittelt werden.
Berufsmaturität fördern
Die Berufsmaturität öffnet Jugendlichen Türen, indem sie die berufliche Grundbildung mit einer erweiterten Allgemeinbildung ergänzt, zum prüfungsfreien Zugang zu einer Fachhochschule berechtigt und den beruflichen Nachwuchs sicherstellt. Entsprechend sollte die Stärkung der Berufsmaturität, insbesondere der Berufsmaturität während der beruflichen Grundbildung (BM 1) im Interesse der verschiedenen Branchen liegen. Können anspruchsvolle Lehrstellen nicht mehr besetzt werden, werden diese langfristig verschwinden und die Berufsbildung wird geschwächt. In den letzten Jahren stagniert die Zahl der Berufsmaturitätsabschlüsse BM 1. FDP-Kantonsrat Werner Scherrer, Mitglied der Berufsbildungskommission des KGV, hat ein Postulat mitunterzeichnet, das vom Regierungsrat Massnahmen fordert, um den Zugang zur Berufsmaturität für geeignete und motivierte Jugendliche zu fördern. Das Mittelschul- und Berufsbildungsamt (MBA) hat bereits Anfang Jahr die Initiative ergriffen, im Rahmen von zwei Workshops unter Beteiligung von Mitgliedern der BBK eine Auslegeordnung zu machen und Massnahmen zu prüfen, dem Trend entgegen zu wirken.
Talentförderung
Dem Trend vieler Jugendlicher an die Mittelschule muss die Berufsbildung mit attraktiven Angeboten entgegenwirken – Talentförderung soll eines davon sein. In den
letzten Jahren wurde in der Berufsbildung viel unternommen, um leistungsschwache, weniger dagegen um leistungsstarke Jugendliche zu fördern. Verschiedene Branchen haben heute Mühe ihre Lehrstellen zu besetzen, was den Eindruck bestärkt, dass für leistungsstarke Lernende zu wenig getan werde. Talentförderung ist eine Antwort auf diesen Trend. Talente sollen in praktischen und schulischen Belangen und in möglichst allen – nicht nur den leistungsstarken – Berufen erkannt und gefördert werden. Massnahmen für eine Talentförderung können zum Beispiel ein quantitativer und qualitativer Ausbau von Förderangeboten, die Sensibilisierung von Schulleitungen, Lehrpersonen und Berufsbildungsverantwortlichen durch Austausch- oder Befähigungsplattformen oder die Information über Möglichkeiten und Angebote für leistungsstarke Lernende sein. Das MBA hat ein entsprechendes Projekt lanciert, in welchem Mitglieder der BBK in verschiedenen Arbeitsgruppen Einsitz nehmen.
Dieter Kläy, Präsident BBK
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Beruflicher Nachwuchs kommt nicht von allein
Die berufliche Grundbildung und die Höhere
Berufsbildung bilden eine wesentliche Grundlage für einen wettbewerbsfähigen
Wirtschaftsstandort. Investitionen in die Bildung sind Investitionen in den
wirtschaftlichen Erfolg von morgen - dies gilt in besonderem Mass für das
Gewerbe. Der Berufsberatung kommt in diesem Prozess eine ganz besondere
Bedeutung zu, weshalb die BBK in einer 2013 durchgeführten Umfrage von seinen
Mitgliedern wissen wollte, wie sie die Berufsberatung wahrnehmen. Zwar obliegt
es primär den Jugendlichen, sich entsprechende Informationen zu beschaffen,
doch die Auswertung ergab, dass ein grosser Teil der Unternehmen kaum Kontakt
zu den Berufsberatungsstellen hat. Die BBK
ist überzeugt, dass eine vermehrte Interaktion zwischen den Branchenverbänden
und der Berufsberatung zum Nutzen der Jugendlichen Sinn macht. Aus diesem Grund
hat die BBK den Kontakt zur Leitung des Fachbereichs Berufsberatung in der
Bildungsdirektion und den regionalen BIZ-Leitern vertieft und sich im Rahmen
eines Gedankenaustausch über Möglichkeiten ausgetauscht, wie zum Nutzen aller
noch besser zusammengearbeitet werden kann. Die Zusammenarbeit zwischen der
Berufsberatung und den kantonalen Berufsverbänden kann durch gemeinsame
Veranstaltungen und Informationen noch ausgebaut werden. Die Branchenverbände
sind eingeladen, Veranstaltungen oder Events mit den regionalen BIZ
durchzuführen. Viele BIZ organisieren bspw. Info-Veranstaltungen oder
Berufsbesichtigungen für Jugendliche, an denen einer oder mehrere Berufe
vorgestellt und die im Normalfall gemeinsam mit oder gar in Betrieben
durchgeführt werden. Nur jene Berufsverbände, die sich engagieren, werden
künftig genügend Nachwuchs finden. Der Kampf um die Talente wird stärker.
Dieter Kläy, Präsident BBK