Die eigenen Kinder wie Fremde besteuern?
26.05.2015
Mit der Erbschaftssteuer-Initiative werden viele KMU in der Existenz bedroht. Just im heiklen Moment der Nachfolgeregelung würde den Unternehmen massiv Liquidität entzogen, die für die erfolgreiche Weiterführung der Unternehmen und den Erhalt der Arbeitsplätze fehlt. Die FDP lehnt die Erbschaftssteuer ab.
Die Volksinitiative „Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)“ fordert die Einführung einer nationalen Erbschafts- und Schenkungssteuer. Diese Bundeserbschaftssteuer soll die kantonalen Regelungen ablösen. Entgegen der heute in den meisten Kantonen gängigen Praxis sollen neu nicht mehr die Erben, sondern direkt der Nachlass besteuert werden. Erbschaften über 2 Millionen Franken sollen mit einem Satz von 20 Prozent besteuert werden. Bei einer Annahme der Initiative müssen zudem Schenkungen über 20‘000 Franken pro Person und Jahr rückwirkend auf den 1. Januar 2012 dem späteren Nachlass des
Schenkenden zugerechnet werden. Falls dessen Nachlass über zwei Millionen
Franken beträgt, wird der darüber liegende Teil ebenfalls mit 20 Prozent besteuert. Ehepartner und generell steuerbefreite juristische Personen wie Hilfswerke, Parteien, etc. sind von der Steuer ausgenommen. Erbschaften an direkte Nachkommen, also an die Kinder, würden entgegen der heutigen Praxis in den meisten Kantonen neu voll besteuert. Für Unternehmen und Landwirtschaftsbetriebe sollen noch nicht definierte Erleichterungen gelten. Voraussetzung für die Steuererleichterung ist aber, dass die Betriebe durch die Erben zehn Jahre weitergeführt werden. Die von den Initianten prognostizierten Einnahmen von jährlich 3 Milliarden Franken sollen zu einem Drittel an die Kantone und zu zwei Dritteln an den Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung fliessen.
Primär Gewerbe- und Familienbetriebe betroffen
80 Prozent der über 300’000 Schweizer Unternehmen sind in Familienbesitz. Jedes Fünfte soll in den nächsten fünf Jahren an die nächste Generation übergeben werden. Der Generationenwechsel ist bereits heute für die Familien und deren Unternehmenanspruchsvoll. Die Initiative verspricht zwar Erleichterungen für Unternehmen, konkrete Zahlen sucht man im Initiativtext aber vergeblich. Bei Annahme der Initiative würde die Katze im Sack gekauft. Da die meisten Unternehmer zudem einen Grossteil ihres Vermögens in ihrem Unternehmen investiert haben, ist oftmals gar nicht genug frei verfügbares Kapital vorhanden, um solch eine Steuer zu begleichen. Um überhaupt von Erleichterungen profitieren zu können, müssen die Erben das Unternehmen während mindestens zehn Jahren weiterführen. In dieser Zeit haften sie für die gesamte Steuer. Denn verkauft der Erbe das Unternehmen innerhalb von zehn Jahren, geht er Konkurs oder stirbt er, muss die volle Steuer nachbezahlt werden. Ein verantwortungsvoller Unternehmer muss darum das Geld für die Begleichung der Erbschaftssteuer im Unternehmen bereithalten. Damit wird viel Geld, das für wichtige Investitionen fehlt, unproduktiv blockiert. Besonders für Unternehmen
mit niedrigen Margen ist die Erbschaftssteuer nicht tragbar. Sie müssen Arbeitsplätze abbauen, sich verschulden oder gar ihr Lebenswerk verkaufen, statt es den eigenen Kindern zu übergeben.
Stossende Rückwirkung
Die Initiative verunsichert. Die Bürgerinnen und Bürger müssen davon ausgehen können, dass Rechtsbestimmungen, die zum Zeitpunkt einer Handlung in Kraft sind, auch gelten. Im Falle der Erbschaftssteuer hätten wir bei der Annahme eine Rückwirkung per Anfang 2012. Solche Klauseln sind stossend und eines Rechtsstaates, auf den man sich jederzeit verlassen können sollte, nicht würdig.
Die Situation im Kanton Zürich
Mit der Abschaffung der kantonalen Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen im Kanton Zürich hat sich die Nachfolgeregelung für solche Unternehmen vereinfacht, weil die Firmen mit der vollen Substanz auf die Erben übertragen werden können. Wird die Erbschaftssteuer auf eidgenössischer Ebene nun wieder eingeführt, wären damit für die Zürcher Unternehmen grosse Nachteile verbunden. Die Initiative stellt einen Eingriff in die Steuerhoheit und das Steuersubstrat der Kantone dar. Eine Verlagerung auf den Bund und eine Einschränkung der kantonalen Steuerautonomie wären die Folge. Die Initiative ist abzulehnen.
Dieter Kläy, Kantonsrat (FDP)