Dieter Kläy
Dieter Kläy

Diese Investition macht Sinn

16.06.2023

Noch zu wenig beachtet, besteht die Möglichkeit von einer gymnasialen Ausbildung in eine Berufslehre zu wechseln. Dieser Weg wird zwar selten gewählt, verdient aber eine vertiefte Betrachtung. Nationalrätin Diana Gutjahr (SVP/TG) hat dazu ein Postulat eingereicht.

Die Berufliche Grundbildung und der gymnasiale Bildungsgang sind die zwei am häufigsten eingeschlagenen Bildungswege auf der Sekundarstufe II. Rund zwei Drittel der Schulabgängerinnen und Schulabgänger, regional auch mehr, wählen den Weg in die Berufsbildung. Die Maturitätsquoten sind stabil, unterscheiden sich aber regional stark. Genf z.B. zählt viel mehr Gymnasiastinnen und Gymnasiasten als die ländliche Ostschweiz.

Vom Gymnasium in die Berufslehre

Was für Möglichkeiten ergeben sich, wenn es mit dem Gymnasium nicht klappt oder eine Gymnasiastin bzw. ein Gymnasiast nach abgelegter Maturitätsprüfung zum Schluss kommt, trotzdem in die duale Berufsbildung einsteigen zu wollen?

Für Jugendliche mit Maturitätsabschluss kann eine Berufslehre eine attraktive Ausbildungsoption sein, weshalb die Durchlässigkeit zwischen der Berufsbildung und dem Gymnasium optimal ausgestaltet sein sollte. Die sogenannte «Way-up Lehre» bietet Absolventinnen und Absolventen der gymnasialen Matur verschiedene zukunftsorientierte Berufsausbildungen. In der Regel muss der allgemeinbildende Unterricht an der Berufsfachschule nicht besucht werden, wodurch sich die Berufslehre verkürzt. Für eine Verkürzung der Berufslehre braucht es das Einverständnis des Lehrbetriebs und des zuständigen kantonalen Amtes für Berufsbildung. Der Abschluss der Way-up Lehre ermöglicht den Zugang zur Höheren Berufsbildung und zur Fachhochschule.

Wird das Gymnasium vorzeitig abgebrochen, besteht die Möglichkeit des Übertritts in eine Berufslehre. Allerdings gelten bei der Lehrstellensuche die gleichen Bedingungen wie für Schulabgängerinnen und Schulabgänger der Sekundarstufe I. Eine Anrechnung von Bildungsleistungen ist nicht vorgesehen.

Tiefe Umorientierungsquote

Die Umorientierungsquote liegt aber bei weniger als 10%. Nicht einmal der kürzlich publizierte Bildungsbericht 2023 widmet sich vertieft dieser Thematik. Dies hat die Thurgauer SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr dazu veranlasst, vom Bundesrat in einem Postulat Auskunft zu verlangen. Er soll in einem Bericht darlegen, welche Chancen, Möglichkeiten und Potenziale sich aus dem Übertritt vom Gymnasium in die Berufsbildung ergeben und welche Massnahmen zu treffen sind, diese Möglichkeit besser bekannt zu machen und den Übertritt für betroffene Gymnasiastinnen und Gymnasiasten einfacher zu gestalten. Insbesondere seien Branchen zu lokalisieren, die bislang noch keine entsprechenden Anstrengungen unternommen haben.

In die Durchlässigkeit investieren

Fakt ist, dass immer mehr Jugendliche ans Gymnasium drängen. Tatsache ist aber auch, dass die duale Berufsbildung viele interessante und zukunftsträchtige Optionen bietet, die noch zu wenig bekannt sind. Die Berufsbildung kann eine attraktive Ausbildungsoption für Gymnasiastinnen und Gymnasiasten darstellen, zumal sich in der beruflichen Grund- und Weiterbildung viele Chancen eröffnen. Im Zuge des andauernden Fachkräftemangels macht es Sinn, in die Durchlässigkeit der Bildungswege zu investieren.

Dieter Kläy, Ressortleiter