Ein Hort der Innovation
05.02.2021
Die Schweiz ist ein Hort der Innovation. Dank innovativer Unternehmen belegt die Schweiz seit Jahren den ersten Platz im weltweiten Innovationsindex. Einen zentralen Beitrag zu dieser Erfolgsgeschichte leistet der Schutz von Erfindungen durch Patente.
Heute sieht das Schweizer Patentgesetz keine Vollprüfung vor. Ein Unternehmen kann ein Schweizer Patent beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) beantragen. Dieses Schweizer Patent wird ohne Prüfung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit erteilt. Geprüft werden Patentierbarkeitsvoraussetzungen, wie zum Beispiel die Einheitlichkeit, die Klarheit und die Formalerfordernisse. Zwar ist das ein rasches und kostengünstiges Prüfungsverfahren. Der Nachteil besteht aber darin, dass mit der Patentregistrierung weder die Patentinhaberinnen und Patentinhaber noch mit dem Patent konfrontierte Dritte über eine verlässliche Aussage zur Rechtsbeständigkeit des nach heutigem Schweizer Recht geprüften Patents verfügen.
Vollgeprüftes Patent über München
Eine Alternative für ein vollgeprüftes Patent ist der Weg über München. Seit das Europäische Patentübereinkommen für die Schweiz am 7. Oktober 1977 in Kraft getreten ist, hat ein Unternehmen die Möglichkeit, beim Europäischen Patentamt ein europäisches Patent zu beantragen, das derzeit für 38 Mitgliedstaaten ein zentrales Erteilungsverfahren mit Prüfung aller Voraussetzungen der Patentierbarkeit durchführt.
oder neu über Bern?
Gerade für kleinere und mittlere Unternehmen, die primär im Binnenmarkt tätig sind und einen verlässlichen lokalen Patentschutz fordern, ist das Europäische Patent nicht immer der zielführende Weg. Firmen, die primär in der Schweiz tätig sind, haben ein Interesse an einem rechtssicheren Schweizer Patent, das derzeit nicht zur Verfügung steht.
Vollprüfung und Gebrauchsmuster
Die Revision, die auf eine vom Schweizerischen Gewerbeverband sgv unterstützte Motion zurückgeht, schlägt die Vollprüfung für Patentanmeldungen vor. Die bisherige Patentprüfung beim Institut für Geistiges Eigentum soll um die zentralen Prüfungsthemen Neuheit und erfinderische Tätigkeit erweitert werden. Eine solche Vollprüfung entspricht internationalen Standards und führt zu einer Angleichung an das System des europäischen Patentes. Patentinhaberinnen und Patentinhaber sowie Dritte erhalten dadurch mehr Transparenz und Rechtssicherheit. Die Schutzdauer beträgt 20 Jahre.
Als Alternative und zur Ergänzung soll neben dem vollgeprüften Patent ein ungeprüftes Gebrauchsmuster mit reduzierter Schutzdauer (10 Jahre) eingeführt werden. Dieses Gebrauchsmuster ersetzt künftig das bisherige, nicht vollgeprüfte Schweizer Patent. Jene, denen die Vollprüfung zu teuer und zu aufwändig ist, erhalten rasch eine kostengünstigere Alternative.
sgv unterstützt Patentgesetzrevision
Der sgv unterstützt diese Patentgesetzrevision, fordert aber, dass Kosten und Aufwand des Verfahrens für die Eintragung eines Gebrauchsmusters markant unter denjenigen für die Erteilung eines Patents zu stehen kommen. Zudem ist der vom Bundesrat vorgeschlagene Instanzenzug zu überprüfen. Gemäss Vernehmlassungsvorlage kann die Anmelderin oder der Anmelder eines Patentes einen ablehnenden Entscheid des IGE mit Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht überprüfen lassen. Dabei soll, sofern es die tatsächlichen Verhältnisse erfordern, dem Spruchkörper ein Richter oder eine Richterin mit technischen Kenntnissen angehören. Dies bedeutet, dass das Bundesverwaltungsgericht die entsprechenden Kompetenzen erst aufbauen muss. Angesichts der Breite der notwendigen technischen Kenntnisse für die Beurteilung eines Patents und angesichts der Tatsache, dass bei jährlich rund 800 Anmeldungen beim IGE vielleicht 5% oder 40 Fälle strittig werden, stellt sich aber die Frage, ob das überhaupt mit einem vernünftigen Ressourceneinsatz möglich ist. Wissen und Erfahrung in Patentfragen liegen nämlich beim 2012 gebildeten Bundespatentgericht, das ein Zivilgericht ist. Damit dem Charakter des Verwaltungsverfahrens vor dem IGE trotzdem Rechenschaft getragen und allfälligen Interessenskonflikten von Patentrichterinnen und Patentrichtern vorgebeugt werden kann, stellt sich die Frage, ob die Schaffung einer entsprechenden Abteilung am Bundespatentgericht nicht der bessere und effizientere Weg wäre. Dabei könnte auf das Wissen und die Erfahrung der Richterinnen und Richter zurückgegriffen und angesichts der wahrscheinlich sich gering entwickelnden Fallzahlen flexibler reagiert werden.
Dieter Kläy, Ressortleiter