Gemeinden nicht immer mehr belasten
31.08.2017
Muss ein Kind in einem Heim untergebracht werden und können die Eltern dafür nicht aufkommen, übernimmt die zuständige Gemeinde diese Kosten und wird dabei vom Kanton unterstützt. Gemäss Bundesgericht und Zürcher Verwaltungsgericht ist diese langjährige Praxis durch das Jugendheimgesetz aus dem Jahr 1962 nicht ausreichend abgestützt. Bislang war der Kanton der Auffassung, die Eltern müssten bezahlen, und wenn diesen das Geld fehle, was meistens der Fall ist, hätten die Gemeinden via Sozialhilfe einzuspringen. Um die Lücke, die Verwaltungs- und Bundesgericht gerügt haben, zu stopfen, hat der Kantonsrat eine Gesetzesrevision beschlossen.
Foul wird plötzlich zur Spielregel
Mit dem am 24. September zur Abstimmung gelangenden, neuen kantonalen Heimgesetz soll jetzt das vom Bundesgericht gepfiffene Foul sozusagen zur Spielregel erklärt werden. Der Kanton greift einmal mehr in die Kassen der Gemeinden, die dafür jährlich mit 80 Millionen bluten sollen. Allerdings haben die Gemeinden zu einer Heimeinweisung oder zur Unterbringung von Jugendlichen in den wenigsten Fällen etwas zu sagen. Ihnen fehlen detaillierte Entscheidungsgrundlagen. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden KESB und die Kinder- und Jugendhilfezentren des Kantons sind für Heimplatzierungen zuständig. Mit der Gesetzesrevision sollen die Gemeinden lediglich Zahlstelle sein. Das ist unfair.
Nein zu einer Hauruck-Übung
Dabei hat der Regierungsrat das ungenügende Jugendheimgesetz jahrelang geduldet. Jetzt soll das von den Gerichten gerügte Versäumnis in einer Hauruck-Übung für eine kurze Übergangszeit nachgeholt werden. Das Gesetz befindet sich seit 2015 sowieso in einer dringend notwendigen Totalrevision. Dabei soll auch der Kostenschlüssel zwischen Kanton und Gemeinden neu geregelt werden. Da der Bundesgerichtsentscheid mitten in die Behandlung des Gesetzes im Kantonsrat platzte, macht es verwaltungstechnisch keinen Sinn, für eine Übergangsphase bis zum Abschluss der ordentlichen Gesetzesrevision eine Spezialregelung zu treffen, die Eltern und Gemeinden unnötig verunsichern.
FDP konsequent – Stadt Winterthur inkonsequent
Auf Grund dieser Ungerechtigkeit haben nicht weniger als 67 Gemeinden das Gemeindereferendum ergriffen, weshalb es zur Abstimmung kommt. 12 Gemeinden hätten für das Zustandekommen des Referendums genügt. Auch die Stadt Winterthur stand vor der Frage, das Referendum zu unterstützten. Die FDP hat konsequent agiert und eine Beteiligung der Stadt am Referendum unterstützt, ist aber im Grossen Gemeinderat unterlegen. Die Unterstützung des Referendums wäre nur konsequent gewesen, weil der Kanton widersprüchlich agiert hat. Für Winterthur geht es immerhin um Kosten von geschätzt 4 Millionen pro Jahr. Noch vor wenigen Jahren forderte der Grosse Gemeinderat in einer Behördeninitiative vom Kantonsrat, die Übernahme der Sozialkosten durch den Kanton, was einem Totalumbau des kantonalen Finanzhaushalts gleichgekommen wäre.
Die FDP Kantonsratsfraktion sowie die Kantonalpartei lehnen die Gesetzesrevision ab. Unter den bekannten Umständen ist ein Nein zur Revision des Gesetzes über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge die einzig konsequente Antwort.
Dieter Kläy, Kantonsrat FDP