Klischeehafte Vorstellungen
05.07.2024
Kürzlich ist die Studie «Eidgenössische Wahlen 2023 - Wahlteilnahme und Wahlentscheid» von selects und Fors herausgekommen, die der Tagesanzeiger und andere Blätter aus dem Hause Tamedia wie z.B. der Landbote wie folgt zusammenfasste: «SP und Grüne punkten bei gebildeten Jungwählerinnen, die SVP bei Wählern mit Lehrabschluss». Nur schon die Wortwahl ist entlarvend und zeugt von wenig Verständnis für die duale Berufsbildung. Gebildete Jungwählerinnen und Jungwähler wählen SP und Grüne während Wähler mit Lehrabschluss SVP wählen und gemäss Autoren offenbar ungebildet sind. Eine Intervention des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv kurz nach der online Publikation des Beitrags blieb unbeantwortet. Die duale Berufsbildung wird abwertend vermittelt, was einer Richtigstellung bedarf.
Gleichwertigkeit von akademischer und Berufsbildung verfassungsrechtlich geschützt
Diese klischeehafte, abwertende Haltung zur dualen Berufsbildung ist nicht nur falsch, sondern widerspricht auch der Bundesverfassung. Bund und Kantone setzen sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben dafür ein, dass «allgemeinbildende und berufsbezogene Bildungswege eine gleichwertige gesellschaftliche Anerkennung finden». Mehr als 60% der Jugendlichen an der Schwelle zum Berufsleben wählen eine Lehre und damit den Weg in die duale Berufsbildung. Derzeit absolvieren über 200'000 Jugendliche eine Berufsausbildung. Im Vergleich zu anderen Ländern hat die Schweiz eine rekordtiefe Jugendarbeitslosigkeit.
Berufsbildung auch Chance für Erwachsene
Über 300'000 Erwachsene ab 25 Jahren haben heute keinen formalen Berufsabschluss. Sowohl aus Sicht der betroffenen Arbeitnehmenden, die sich sichere Jobs und Perspektiven für die Zukunft wünschen, als auch aus Sicht der Arbeitgebenden, die mit zunehmendem Arbeitskräftemangel konfrontiert sind, aber auch aus Sicht der öffentlichen Hand, die Sozialkosten reduzieren und Steuereinnahmen erhöhen will, ist es richtig, in die duale Berufsbildung zu investieren.
Insgesamt grosse Integrationswirkung
Die integrative Wirkung der dualen Berufsbildung gilt es besonders zu betonen. Integration von Jugendlichen, besonders auch Migrantinnen und Migranten findet neben der Schule und in den überbetrieblichen Kursen insbesondere auch am Arbeitsplatz statt. Die Unternehmen, die Berufsverbände und der Schweizerische Gewerbeverband sgv als grösste Dachorganisation der Wirtschaft tragen damit sehr viel zur generellen Integration im Alltag bei.
Nutzung inländischen Arbeitskräftepotenzial
Der sgv unterstützt das strategische Ziel, inländisches Arbeitskräftepotenzial noch besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die in der Schweiz lebende Migrationsbevölkerung ist mit einzubeziehen. Zusammen mit den Berufsverbänden hat der sgv in den vergangenen Jahren viele Anstrengungen unternommen, die Qualifizierung der Berufsleute zu verbessern. Das beginnt bereits mit der Berufswahl. Die schulischen Anforderungsprofile von rund 200 Berufen wurden erhoben und mit typischen Berufssituationen versehen, die direkt vergleichbar abgerufen werden können. Monatlich besuchen rund 5500 Ausbildungswillige die Webpage. Zwar ist das Projekt für Schülerinnen und Schüler konzipiert worden. Doch auch ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Migrantinnen und Migranten können sich mit Blick auf eine Neuorientierung oder Weiterbildung wichtige Informationen beschaffen. Berufsbildung beinhaltet viele Optionen und Chancen.
Dieter Kläy, Ressortleiter