Lehrplan 21 nicht verzögern
22.06.2017
Der Kantonsrat hat letzten Montag mit 113 zu 56 Stimmen die Volksinitiative «Lehrplan vors Volk» wuchtig abgelehnt. Nur die SVP und die EDU befürworteten die Forderung, dass im Lehrplan die grundlegenden Inhalte des Unterrichts und die Ziele für jedes Fach und neu für jedes Schuljahr festgelegt werden. Die Initiative will zudem in der Verfassung, dass der Lehrplan neu in einem aufwendigen Verfahren genehmigt wird. Danach soll künftig der Regierungsrat auf Antrag des Bildungsrates den Lehrplan beschliessen und der Kantonsrat soll diesen genehmigen. Der Kantonsratsbeschluss untersteht dem fakultativen Referendum. Das letzte Wort hat das Volk.
2008 hat die Schweizer Stimmbevölkerung mit 63% der Stimmen dem HarmoS-Konkordat zugestimmt. Dieses Konkordat setzt sich zum Ziel die obligatorische Schulbildung in der Schweiz und die Lehrpläne zu harmonisieren. Qualität und Durchlässigkeit des Systems sollen gesichert und Mobilitätshindernisse abgebaut werden. Begrüssenswert ist die Harmonisierung der Lehrpläne zum Beispiel als Grundlage für die Entwicklung von Lehrmitteln, die in der ganzen Deutschschweiz eingesetzt werden können. Sie erleichtert die Mobilität von Schülerinnen und Schülern und ermöglicht einen nahtlosen Übergang in die Sekundarstufe II auch über die Kantonsgrenzen hinweg. Heute findet der Lehrplan 21 in vielen Deutschschweizer Kantonen eine gute Akzeptanz. Einige führen ihn bereits auf das Schuljahr 2017/18 ein.
Im Sinne des Gewerbes
Auf gesamtschweizerischer Ebene haben die Wirtschaftsverbände die Einführung eines deutsch-schweizerischen Lehrplanes immer unterstützt mit der Forderung, dass die berufliche Orientierung und die Ausrichtung der Fächer auf die Bedürfnisse der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgerichtet werden. Im Kanton Zürich profitiert die Wirtschaft hinsichtlich Lektionentafel insbesondere von der Stärkung der Fächer Berufliche Orientierung, Wirtschaft, Arbeit, Haushalt sowie von den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik). Kommt dazu, dass die berufliche Orientierung nicht ausschliesslich an ein Fach gebunden ist, sondern die Schülerinnen und Schüler in anderen Fachbereichen wie z.B. Deutsch sich mit der Berufswelt auseinandersetzen können.
Breite Abstützung im Kanton Zürich
Auch die Zürcher Stimmbevölkerung hat 2008 der HarmoS Vorlage klar zugestimmt. Der Lehrplan 21 hat 2013 und 2016 in zwei Vernehmlassungen eine breite Unterstützung gefunden. Seine Einführung ist auf das Schuljahr 2018/2019 geplant. Die im Kantonsrat gescheiterte Volksinitiative «Lehrplan vors Volk» will diesen Prozess unterbrechen und den Lehrplan der Stimmbevölkerung zur Abstimmung vorlegen. Heute liegt die Kompetenz über den Lehrplan beim Bildungsrat, ein Fachgremium, das alle vier Jahre vom Kantonsrat gewählt wird. Dies hat einerseits den Vorteil, dass der Lehrplan in einem vernünftigen Zeitrahmen den gesellschaftlichen und fachlichen Entwicklungen angepasst und bei Bedarf teilrevidiert werden kann, anderseits wird er weniger verpolitisiert. Eine Kantonsratsdebatte über die Inhalte des Lehrplans ist nicht stufengerecht. Ein Grundlagenwerk wie der Lehrplan darf auch nicht zum Spielball punktueller politischer Interessen und Befindlichkeiten werden.
Aus diesen Gründen hat die FDP im Kantonsrat die Volksinitiative abgelehnt. Sie wird auch im Rahmen der kommenden Volksabstimmung ein Nein empfehlen.
Dieter Kläy, Kantonsrat FDP