Mehrwertsteuer muss zurückerstattet werden
16.06.2017
Billag: Mehrwertsteuer muss zurückerstattet werden
Bereits im April 2015 hat das Bundesgericht festgestellt, dass die von der Schweizerischen Erhebungsstelle für Radio- und Fernsehempfangsgebühren (Billag) erhoben Abgabe nicht der Mehrwertsteuer-Pflicht unterliegt, da ihr keine Gegenleistung im Sinne des Mehrwertsteuergesetzes gegenübersteht. Bis April 2015 hat das Bundesamt für Kommunikation BAKOM die Mehrwertsteuer mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung abgerechnet. Die Mehrwertsteuern von 2,5%, die von den Unternehmen und privaten Haushalten bezahlt worden sind, sind in die Bundeskasse geflossen. Seit Mai 2015 ist die Haushaltsabgabe um die Mehrwertsteuer gesunken und kostet jährlich 451.- statt 462.-. Auch die Unternehmensabgabe ist entsprechend reduziert worden. Unbeantwortet blieb allerdings die Frage, wie mit der unrechtmässig eingezogenen Mehrwertsteuer in der Zeit vor dem Bundesgerichtsurteil umzugehen ist. Ein Beschwerdeführer forderte die Rückerstattung für fünf Jahre und bezog sich dabei die auf im Mehrwertsteuergesetz verankerte Verjährungsfrist, wonach das Recht, die Steuerforderung, Zinsen und Kosten geltend zu machen, fünf Jahre, nachdem der entsprechende Anspruch rechtskräftig geworden ist, verjährt. Das Bundesgericht wies jedoch die Beschwerde ab.
Die Politik greift ein
Diese Umstände mobilisierten die Politik. Für Gerechtigkeit sorgen will die Motion der Aargauer Nationalrätin Sylvia Flückiger (SVP). Das Vorstandsmitglied des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv fordert in ihrer nach dem ablehnenden Entscheid des Bundesgerichts 2015 eingereichten Motion die Rückzahlung der unrechtmässig erhobenen Mehrwertsteuer auf Radio- und Fernsehgebühren. Der Bundesrat empfiehlt die Motion zur Ablehnung mit der Begründung, „die Rechtskraft und damit die Wirkung eines Urteils würden sich nur auf die am Verfahren beteiligten Personen erstrecken“. Diese, am gesunden Menschenverstand vorbeizielende Begründung schreckte den Nationalrat glücklicherweise nicht davon ab, in der Sondersession Anfang Mai 2017 die Motion Flückiger zu unterstützen. Sie geht jetzt an den Ständerat.
Klares Signal an den Bund
2017 doppelte die Kommission für Verkehr- und Fernmeldewesen des Nationalrates mit ihrer Kommissionsmotion „Rückerstattung der Billag-Mehrwertsteuer“ nach. Mit ihr wird der Bundesrat beauftragt, die entsprechenden Rechtsgrundlagen zu schaffen, damit die zu viel bezahlten Mehrwertsteuerbeträge auf den Radio- und Fernsehempfangsgebühren rückwirkend auf 5 Jahre an alle Konsumentinnen und Konsumenten und an die Unternehmen zurückbezahlt werden können. Inzwischen ist nämlich das Bundesverwaltungsgericht in seinem Entscheid vom 25. Januar 2017 zum Schluss gekommen, dass einem Beschwerdeführer die Mehrwertsteuer, die er auf der Radio- und Fernsehempfangsgebühr seit 2007 bezahlt hat, zurückerstattet werden muss. Das BAKOM hat das Urteil analysiert und inzwischen wegen offener und grundsätzlicher Fragen an das Bundesgericht weitergezogen. Mit Verweis auf das noch ausstehende Urteil des Bundesgerichts lehnt der Bundesrat auch diese zweite Motion ab. „Die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage sollte erst dann geprüft werden, wenn das Bundesgericht die Frage der Rückerstattung abschliessend beurteilt hat.“ Diese Begründung ist nicht stichhaltig. Schliesslich ist das Parlament die Gesetzgebung zuständig.
Vergangenen Dienstag hat der Nationalrat nun auch die Motion ihrer Kommission für Verkehrs- und Fernmeldewesen mit 132 zu 32 Stimmen überwiesen und damit nicht nur ein klares Signal gesendet, sondern der Verzögerungstaktik des Bundes ein vorläufiges Ende gesetzt. Auch diese Motion geht nun zur Beratung an den Ständerat.
Wenn zwei das Gleiche tun…
Der Schweizerische Gewerbeverband sgv unterstützt das Anliegen der Rückerstattung der zu Unrecht auf der Billag-Gebühr erhobenen Mehrwertsteuer und fordert vom Ständerat, die Motionen von Sylvia Flückiger und der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats ebenfalls anzunehmen. Zu viel bezahlte Gebühren müssen den Unternehmen und Haushalten zurückerstattet werden. Die Radio- und Fernsehverordnung gibt der Billag die Möglichkeit, auf fünf Jahre zurück nichtbezahlte Radio- und Fernsehabgaben einzufordern. Umgekehrt muss das auch gelten. Die von der Billag zu Unrecht eingeforderte Mehrwertsteuer soll den Privathaushalte und den Firmen zurückerstattet werden.
Dieter Kläy, Ressortleiter