Nein zu jeglichen Verschärfungen
04.04.2025
Anfang März liess das Bundesamt für Justiz in seinem Bericht zur Zwischenbilanz der Umsetzung der Lohngleichheitsanalysen verlauten, dass «mehr als die Hälfte der Unternehmen ihre Pflicht zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse nicht erfüllt». Der Schweizerische Gewerbeverband sgv verwahrt sich dagegen, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber unter Generalverdacht zu stellen und lehnt jegliche Verschärfungen in der Lohngleichheitsanalyse ab.
Mit dem 2018 revidierten Gleichstellungsgesetz und den gesetzlich vorgeschriebenen Lohnanalysen haben die Unternehmen drei neue Pflichten bekommen. Erstens müssen sie analysieren, ob es in ihrem Betrieb unerklärbare systematische Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern gibt. Zweitens muss eine unabhängige Stelle die Analyse überprüfen. Und drittens hat das Unternehmen die Mitarbeitenden über das Ergebnis der Analyse zu informieren.
Der systematischen Lohndiskriminierung verdächtigt
Ein Bericht des Bundesamtes für Justiz kommt zum Schluss, dass «mehr als die Hälfte der Unternehmen ihre Pflicht zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse nicht erfüllt. Der Bericht kommt aber auch zum Schluss, dass über 80% der auf eine Umfrage antwortenden Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Pflicht zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse eingehalten haben. Dies betrifft rund eine Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Unternehmen mit mehr als 100 Arbeitnehmern. Alle jene, die im Rahmen der – notabene freiwilligen – Umfrage nicht teilgenommen haben, werden indirekt der systematischen Lohndiskriminierung verdächtigt. Daraus wird die Schlussfolgerung gezogen, dass die Mehrheit der Arbeitgeber sich nicht gesetzeskonform verhalten würden. Davon kann aber keine Rede sein.
Statt Unternehmen unter Generalverdacht zu stellen, muss vielmehr gefragt werden, ob die erst seit 2020 in Kraft stehende Regelung wirklich tauglich ist, die Lohngleichheit in den Unternehmen zu fördern. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv hat sich bereits in der Vernehmlassung 2016 und in der darauffolgenden parlamentarischen Debatte 2018 gegen eine gesetzlich verankerte Lohngleichheitsanalyse gestellt. Immerhin konnte der Schwellenwert von damals 50 auf 100 Arbeitnehmende erhöht werden. Später im Nationalrat eingereichte Vorstösse, den Schwellenwert wieder auf 50 zu senken, sind gescheitert.
Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit ist unbestritten
Dass der in Art. 8 der Bundesverfassung verankerte Grundsatz «gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit» umgesetzt werden muss, ist unbestritten. Die Unternehmen jedoch mit immer neuen administrativen Eingriffen zu belasten, ist nicht akzeptabel. Lohndiskriminierung kann nur zusammen mit den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern angegangen werden. Erst eine Wirkungsevaluation wird zeigen, ob überhaupt die gesetzliche Pflicht zur Lohngleichheitsanalyse zu mehr Lohngleichheit beiträgt. Der Bundesrat möchte diese Evaluation möglichst rasch an die Hand nehmen. Deshalb hat er entschieden, seinen Bericht über die Wirkungsevaluation bereits Ende 2027 zu verabschieden. Ursprünglich war dies erst für das Jahr 2029 vorgesehen. Erst dieser Schritt wird zeigen, ob zur Erreichung der in der Verfassung festgehaltenen Lohngleichheit zusätzliche Massnahmen nötig sein werden.
sgv lehnt verschärfende Massnahmen ab.
Der sgv lehnt jegliche Verschärfungen der Vorschriften, sei das mit mehr Kontrollen, neuen Regulierungen, Bussen oder was auch immer, ab. Seit Jahren herrscht in der Schweiz ein Fachkräftemangel. Er führt u.a. dazu, dass die Position der Arbeitnehmenden im Arbeitsmarkt gestärkt worden ist. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die tatsächlich Lohndiskriminierung betreiben, werden Mühe haben, geeignete Arbeitskräfte zu finden. Es ist deshalb absurd, allen Arbeitgebenden einzig aufgrund einer nicht repräsentativen Umfrage zu unterstellen, dass sie ihre Verantwortung nicht wahrnehmen würden. Systematische Lohndiskriminierung wird unter den heutigen Umständen vom Markt sanktioniert.
Dieter Kläy, Ressortleiter