Reflexartiger Ruf nach dem Staat
09.02.2018
Es scheint, als vermöge eine einzige Volksinitiative von Jungparteien die ganze Schweizer Medienlandschaft in Aufruhr versetzen. Anders ist das seit Herbst vergangenen Jahres anhaltende Medienspektakel gar nicht zu verstehen. Die Initiantinnen und Initianten der No Billag-Initiative haben sich wohl kaum träumen lassen, soviel Medienaufmerksamkeit zu erlangen. Analysiert man allerdings die vergangenen drei Jahre, ist die Aufregung verständlich. Nach dem knappen Resultat zum Radio- und Fernsehgesetz 2015, mit dem lückenhaften Service public Bericht 2016 oder bei der Debatte um die No Billag-Initiative in den eidgenössischen Räten 2017: die Diskussion um den Umfang der Leistungen der SRG ist immer abgewürgt worden. Entsprechende Vorstösse von CVP, GLP, FDP und SVP im Parlament hat der Bundesrat sowie die Mehrheit des Parlaments fast durchwegs abgelehnt. In den letzten drei Jahren hat sich ein Frustrationspotenzial zusammengebraut, das sich jetzt zu entladen droht.
Eine Staatsagentur - wirklich?
Seit ein paar Tagen ist die Aufregung um ein Kapitel reicher. Die SDA – Schweizerische Depeschenagentur – muss aus wirtschaftlichen Gründen Stellen abbauen. Ein Stellenabbau ist immer bedauerlich und für die Betroffenen hartes Brot, doch leider im Wirtschaftsalltag Normalität. Flugs ruft das die SP und andere staatsnahe Kreise auf den Plan und fordern den Bund auf, das Nachrichtenangebot zu sichern. Die Entlassungen und Abbaumassnahmen seien die Folge eines «falschen Renditedenkens der Grossverlage». Die SP fordert den Bundesrat auf, den Service public, den die SDA erbringt, «zu retten». Nicht genug, die SP fordert in ihrer Stellungnahme vom 23. Januar 2018 auch noch vom Bund, die «Bedingungen vorzugeben, damit qualitativ guter Journalismus überhaupt möglich ist, allenfalls in einer «neuen, nicht-gewinnorientierten Nachrichtenagentur».
Konkret heisst das nichts anderes, als dass die Nachrichtenagentur verstaatlicht werden soll. «Die SDA steht wie kaum ein anderes Medienhaus für Service public. Sie ist quasi das Rückgrat der Schweizer Medien und liefert die Qualität und die breite Abdeckung, welche viele Medien nicht mehr leisten können oder wollen». Allerdings ist die SDA eine Aktiengesellschaft. Aktionäre sind vor allem die privaten Verlage, darunter Tamedia, NZZ und die Südostschweiz Mediengruppen AG. Zu Recht - wenngleich punkto Timing eher ungeschickt - hat der CEO der SDA in den Medien auf diesen Umstand hingewiesen, dass die Aktiengesellschaft primär ihren Aktionären verpflichtet ist.
Keine direkte Unterstützung
Mit Spannung erwartet wird das Mediengesetz. Verschiedene Kreise fordern bereits heute eine direkte finanzielle Unterstützung der Medien durch den Staat und damit die Abkehr von der bewährten indirekten zur direkten Presseförderung. Der sgv lehnt eine solche Entwicklung ab. Fraglich ist, ob es überhaupt ein Mediengesetz braucht. Sollte ein Vorschlag unterbreitet werden, fordert der sgv – einmal mehr – die Befreiung der Unternehmen von der Mediensteuer.
Dieter Kläy, Ressortleiter sgv