Dieter Kläy
Dieter Kläy

Sammelklagen? Nein, danke!

15.06.2018

Seit 2011 ist mit der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) schweizweit das Zivilprozessrecht vereinheitlicht. Das Parlament hat den Bundesrat beauftragt, die Praxistauglichkeit der ZPO zu prüfen und verschiedene kleinere Anpassungen vorzunehmen. Allerdings soll auch die Motion «Förderung und Ausbau der Instrumente der kollektiven Rechtsdurchsetzung» aus dem Jahr 2013 umgesetzt werden. Im Klartext bedeutet dies die Zulassung von Sammelklagen. Erstaunlicherweise ist die Forderung aus Konsumentenkreisen sowohl im Nationalrat wie auch im Ständerat widerspruchslos überwiesen worden.

Nein zur reparatorischen Verbandsklage

Geschaffen werden soll ein allgemeines Gruppenvergleichsverfahren, das eine kollektive Streiterledigung ermöglicht. Neu wird auch eine reparatorische Verbandsklage zur Durchsetzung von Massenschäden sowie teilweise auch Streuschäden möglich sein. Ist eine Vielzahl von Personen gleich oder gleichartig geschädigt, sollen solche Massen- und Streuschäden kollektiv durchgesetzt werden können. Beispiele finden sich in Anlegerschäden im Kapital- und Finanzmarktrecht, im Bereich des Kartell- und Lauterkeitsrechts und in allgemeinerer Form im Konsumentenrecht.

Mit diesen Instrumenten will es der Bundesrat einer Vielzahl von Personen, die gleich oder ähnlich geschädigt wurden, ermöglichen, ihre Ansprüche zusammen geltend zu machen. Geschädigten wird ermöglicht, auf ein individuelles Gerichtsverfahren zu verzichten, weil sie das Kostenrisiko tragen müssten. Verbands- und Sammelklagen bergen Missbrauchspotenzial. Insbesondere die Öffnung der Verbandsklage für das gesamte Privatrecht ist abzulehnen, da mit einer Verfahrensflut zu rechnen ist. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv lehnt die Erweiterung des kollektiven Rechtsschutzes ab.

Verbesserter Zugang zu den Gerichten

Neben dem kollektiven Rechtsschutz umfasst die Revision der ZPO diverse Punkte, die aus gewerblicher Sicht zu unterstützen sind. Die Halbierung der Prozesskostenvorschüsse und die Anpassung der Kostenliquidationsregelung erleichtern Unternehmen den Zugang zum Gericht. Die Gerichte sollen künftig von der klagenden Partei nur noch einen Vorschuss in Höhe von höchstens der Hälfte der mutmasslichen Gerichtskosten verlangen dürfen. Das Kostenrisiko und die Vorschusspflicht stellen für viele Kläger, gerade auch für KMU, eine zu hohe Hürde für die Geltendmachung ihrer Ansprüche dar.

Mitwirkungsverweigerungsrecht für Unternehmensjuristen

Ebenso unterstützt der sgv das Mitwirkungsverweigerungsrecht für Unternehmensjuristinnen und -juristen im Zivilprozess. Heute können Schweizer Unternehmen in ausländischen Gerichtsverfahren prozessuale Nachteile erleiden, weil es in der Schweiz kein Zeugnis- und Editionsverweigerungsrecht für Mitarbeitende unternehmensinterner Rechtsdienste gibt. So können Schweizer Unternehmen, z.B. in den USA zur Herausgabe von Korrespondenz und Dokumenten ihres internen Rechtsdienstes verpflichtet werden, während das für ihre Kontrahenten in den USA nicht der Fall ist. Dieser Zustand ungleichlanger Spiesse wird nun korrigiert. Die Urkundenqualität für Privat- oder Parteigutachten wird vom sgv ebenfalls unterstützt. Damit erlangen sie den Charakter eines Beweismittels und können vor Gericht zugelassen werden. 

Dieter Kläy, Ressortleiter