Dieter Kläy
Dieter Kläy

Schlechte Verlierer

03.12.2020

Deutlicher als erwartet ist die Unternehmensverantwortungsinitiative (UVI) an der Urne am Ständemehr gescheitert. 17 Kantone (14,5 Stände) sagen Nein, 8,5 sagen Ja. In gewissen Kantonen vermochte die Initiative gar nur 35% Ja – Stimmen auf sich vereinigen. Reflexartig kommt nun der Ruf nach Abschaffung des Ständemehrs. Für die Jungsozialisten gehört die Regel auf den «Müllhaufen der Geschichte». Solche Reaktionen sind entlarvend.

Geht es um eine Verfassungsänderung wie bei der UVI, dann spielen gemäss Bundesverfassung auch die Kantone eine Rolle. Eine Volksinitiative ist nur angenommen, wenn sowohl eine Mehrheit der Stimmbürger (Volksmehr) als auch eine Mehrheit der Kantone zustimmt (Ständemehr). Bereits in der ersten Bundesverfassung von 1848 war das Ständemehr verankert. Ziel war und ist es auch heute noch zu verhindern, dass wenige grosse Kantone mehrere kleine Kantone an die Wand drücken. Das Ständemehr ist ein Minderheitenschutz.   

Generell decken sich Ständemehr und Volksmehr in über 90% der Fälle. Konstellationen, wie sie jetzt bei der UVI entstanden sind, sind äusserst selten. Gerade mal eine einzige Initiative ist seit Bestehen des Bundesstaates 1848 am Ständemehr gescheitert. 1955 wurde die Volksinitiative «Mieter- und Konsumentenschutz» mit 50,2 % Ja-Stimmen angenommen. Sie scheiterte aber am Ständemehr. Bei zwei Fällen in 172 Jahren braucht es sicher keine Diskussion um das Ständemehr.

Dieter Kläy, Kantonsrat